Den marxistischen Begriff der ökonomischen Gesellschaftsformation durch den Epochebegriff ergänzen … Epoche des weltweiten Übergangs vom Feudalismus zum Kapitalismus

Veröffentlicht auf

Zur marxistischen Geschichtsbetrachtungsweise gehört es also auch, anzuerkennen, dass alle neuen Gesellschaftsordnungen einen Fortschritt der Gesamtentwicklung der Menschheit bedeuteten.
Als Beispiel brachte die Heraushebung einer nicht arbeitenden Schicht (Klasse) erst eine Gruppe von Menschen hervor, die sich gezielt mit Erkenntnisgewinn, -sammlung und –verbreitung beschäftigen konnte (wenn sie das nicht tat, war dies ein Indiz ihrer Überlebtheit). Das betraf auch die Entwicklung einer überdauernden Kunst. Man denke nur an die philosophischen Schulen / Denkgebäude, die bereits im alten Griechenland möglich waren. Das schloss die Naturwissenschaften ein, Erkenntnisse der Medizin u.v.a.m.. Dies wäre als Nebenprodukt körperlicher Arbeitszeit kaum denkbar gewesen.
Dass ein Großteil davon durch Kriege zerstört wurde und, im Fall, dass der jeweilige Verlierer im Krieg bestimmte Erkenntnisse gewonnen hatte, diese allein deshalb verfolgt und vernichtet wurden, ist die andere, schmerzhafte Seite solcher Art "Fortschritts".

Wichtig für uns ist, dass marxistische Geschichtswissenschaftler den Feudalismus zeitlich sehr konkret gegen den nachfolgenden Kapitalismus abgrenzen, dabei politisch revolutionäre Umwälzungen als Anhaltspunkt verwenden und 1789, den Beginn der französischen bürgerlichen Revolution, als "Grenzjahr" bevorzugen. Dafür spricht (spräche) vielerlei:

  1. Trotz vielerlei Restaurationen mit und nach Napoleon hatte die „Bourgeoisie“ als Klasse in Frankreich dauerhaft politisch gesiegt.
  2. Die Machtübernahme der neuen Klasse war historisch die umfassendste (in Frankreich wurde die Feudalklasse wirklich „liquidiert“.)
  3. Der Zeitpunkt der Veränderung der politischen Herrschaftsverhältnisse deckt sich mit dem Augenblick, in dem die fortgeschrittenen Produktivkräfte kapitalistische Produktionsverhältnisse in voller Entfaltung hervorgebracht hatten – und zwar dominierend in der gesamten „alten Welt“. Der Adelsstand war eine leicht entfernbare Eiterbeule eines ansonsten ausgereiften Körpers geworden.
  4. Dem Ereignis folgte die letzte militärische Intervention der sich überlegen dünkenden (alliierten!) Vertreter der alten Ordnung gegen die neue, die in dieser Charakterisierung zum Fiasko wurde.

Den „Beginn“ des Kapitalismus also mit 1789 zu datieren ist also geschuldet den Tatsachen,

-          dass die Produktivkräfte umfassend entwickelt waren (z. B. Technik / Maschinen für Manufaktur- bis Fabrikwesen mit Lohnarbeitern),

-          die kapitalistischen Produktionsverhältnisse bereits die bestimmenden waren (die Kapitalisten „die Wirtschaft“ dominierten, ihre Art des Kommunizierens über „freies“ Geld) und

-          „nur noch“ der Staatsapparat diesen Verhältnissen „angepasst“ zu werden brauchte – anders gesagt: die „formale“ politische Macht bildete den Abschluss einer ökonomischen Entwicklung.

Darüber hinaus beruhten alle drei Gesellschaftsordnungen auf einem gleichartigen Prinzip der Macht: Der Herrschaft von Privatbesitzern an Produktionsmitteln, denen die wirtschaftliche Ausbeutung der nicht besitzenden Klassen ihre Position sicherte ("antagonististische Klassengesellschaften").

Gehen wir weiter davon aus, dass der Gesamtumfang jeder Kommunikation diese Verhältnisse in allen ausreichend kommunizierenden Regionen der Welt durchsetzte. Was wir heute „Globalisierung" nennen, versuchte das „alte Rom“ mit militärische Gewalt zu verbreiten wie später das feudalistische Spanien, danach Großbritannien und Frankreich. Ein Prozess, der mit dem, was Lenin als „Imperialismus“ definierte, in seiner nationalpolitischen Form abschloss. Danach gab es im Wesentlichen nur noch „umzuverteilen, was kapitalistische Staaten ihrem Kapitalismus unterworfen hatten.(Bis 1492 gab es praktisch keine Beeinflussung der Entwicklung von Gesellschaften in anderen Kontinenten und auch späterhielten sich z. B. im Irokesenbund viele Elemente eines Urkommunismus neben dem expandierenden Kapitalismus. Der Grad "gegenseitiger" Abhängigkeiten lässt so etwas heute nicht mehr zu.) Bei aller Verschiedenheit im Detail der Formen dominierte also die grundlegende Gemeinsamkeit. (Nicht zu Unrecht erscheint insofern die griechische als die "Idealform" demokratischer Beteiligung „des Volkes“ an allen politischen Angelegenheiten, wobei wohlweislich 9/10 der Menschen aus der Betrachtung ausgeklammert werden, die keine Bürger, im politischen Sinn und somit auch keine "Menschen" waren.)

Es wäre nicht absurd, einen ganzen Zeitabschnitt, dessen Beginn ich nicht gerade an die Eidgenossenschaft, eventuell an die Hussitenbewegung, auf jeden Fall aber an die frühbürgerliche Revolution in deutschen Landen (1517) knüpfen würde, als Beginn der „Epoche des weltweiten Übergangs vom Feudalismus zum Kapitalismus“ zu bezeichnen.

Es wäre auch nicht absurd, diese „Epoche“ in zwei Phasen zu teilen: Die erste, die mit der französischen bürgerlichen Revolution endet, als spätfeudalistische, die zweite bis etwa zur Jahrhundertwende 1900 als kapitalistische.

So verstehe ich z. B. Hugo Chavez, wenn er den bisherigen Marxismus als eurozentristischangreift,weil er die Gesellschaftsformationen so scharf abgrenzt, obwohl z.B. auch Lateinamerika um 1800 noch eindeutig feudalistischen Kolonialbeziehungen unterworfen waren.  Es lebte doch noch 1848 die überwiegende Masse der Völker der Welt in eindeutig vorkapitalistischen Verhältnissen. Dabei will ich nicht überbewerten, dass der formale politische Übergang in deutschen Landen analog zu den französischen (als Farce) eigentlich erst durch die Novemberrevolution 1918/19 abschloss (und durch die Bismarckschen Trformen bestimmt war).

Veröffentlicht in unsere Epoche

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post