Die Zukunft denken (46)

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Teilweise hat sich dabei die Theorie gnadenlos in sich selbst verfangen, weil sie vor den in ihr verborgenen Konsequenzen zurückschreckte und weil sie – teilweise die selbst entdeckten – Ebenen vermischte.

Philosophie hat ihrer umfassenden Selbstdefinition entsprechend viele Komponenten: eine historische, die sozial-ökonomische, die kulturelle und die allgemein-menschliche, um nur die wesentlichsten zu nennen.

Die gefährlichsten Abstraktionen provoziert die historische Seite der Philosophie. Das Spektrum der Auffassungen geht dabei auseinander von plattestem historischem Materialismus bis zur Chaostheorie. Ich klammere hier das Gegenbild des historischen Materialismus, nämlich einen durch höheren Geist, z. B. einen Gott, vorgegebene Bild, in das sich die Wirklichkeit hineinpassen muss, einfach aus.

Dem platten historischen Materialismus nach liegt die gesamte menschliche Geschichte dem dialektischen Gesetz der (ständigen!) Entwicklung der Materie vom Niederen zum Höheren zugrunde. Die Gesetzmäßigkeit, die dieses Gesetz in der menschlichen Gesellschaft umsetzt, sei das Gesetz der Übereinstimmung der Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der Produktivkräfte. Simpel erklärt: Die Produktivkräfte entwickeln sich weiter, jede Entdeckung und Entwicklung bringt ein kleines Stück Fortschritt. Irgendwann ist dieser materielle Fortschritt so weit „fortgeschritten“, dass der Rahmen, in dem sich Arbeit und Produktion einordnen, diesem Fortschritt gegenüber zum Hemmschuh wird und gesprengt wird.

Dies war eine bemerkenswerte Abstraktion, bei der Erklärung der bevorstehenden Geschichtsetappe jedoch nur teilweise hilfreich. Bezieht man die Erkenntnisse von Kosmologie, Physik, Chemie (um nur einige zu nennen) mit ein, dann erkennt man, dass die Natur tendenziell tatsächlich von einfachen Kleinstrukturen zu komplizierten höheren, komplexer strukturierten Gebilden fortschreitet. Dabei nimmt ebenso tendenziell der Grad der Selbstorganisation der Materie zu. Wer möchte schon relativ willkürlich zusammenstoßende Teilchen mit der komplizierten Fortpflanzung uns bekannter Lebewesen vergleichen? Wer möchte bestreiten, dass die verselbständigte Vorstellung dieser komplexen Systeme und ihrer Neugestaltung auf höherem Niveau die Menschengemeinschaft zum höchsten Punkt der uns bekannten Materie erhebt? Es ist also nur nahe liegend, wenn wir diese allgemeine Tendenz der Natur auch der menschlichen Gesellschaft zubilligen.

Veröffentlicht in Zukunft denken

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