Einmal Feminismus und zurück
Der neue Feminismus will· sexy sein - Und geht Hand in Hand mit dem Kapitalismus.
Die Rapperin Lady Bitch Ray propagiert den Vagina Style und bietet auf ihrer Homepage
das .Votzen-Sport-Workout-Programm" an.
Charlotte Roche bringt ein Buch heraus, dessen Protagonistin einen sehr offenen
Umgang mit ibrem Körper pflegt. Sie spricht Tabuthemen an und legt einiges offen, was
sonst als unweiblicb gilt.
In dem-Buch .Wir Alphamadchen. Warum Feminismus das Leben schöner macht"
sagen Meredith Haaf, Susanne Klingner und Barbara Streidl, dass Feminismus Spaß
machen und sexy sein muss.
Das klingt doch toll endlich endlich kann wieder von einem Feminismus gesprochen werden, endlich gibt es wieder mutige Frauen. Aber stimmt das? Sind diese
"Alphamädchen" oder auch die "neuen deutschen Mädchen" (nach Jana Hensel) die
neuen Feministinnen?
Sie sagen beispielsweise, dass Manner nicht per se scheiße sind, dass sich Frauen sexuell befreien müssen, nennen also Punkte, in denen viele Frauen ihnen zustimmen.
Irgendwas ist aber fau! an diesem aufkeimenden stolzen Frausein. Bezeichnend ist,
dass besonders subjektive Befindlichkeiten im Vordergrund stehen.
Der Begriff von Gleichberechtigung, Frauenbefreiung und Feminismus wird hier auf Biographien und personliche Empfindungen reduziert.
In eine Opferrolle schlüpfen will keine dieser Frauen, was durchaus verständlich ist, denn wer will schon als ..Opfer"
bezeichnet werden. Aber hier wird einiges aus Eitelkeit verkannt und durch fehlende
Analyse verfalscht.
Keine unserer neuen selbstbewussten und emanzipierten Frauen (denn ..wir werden
doch gar nicht mehr benachteiligt" oder "wir sind doch schon langst in der Gleichberechtigung angekommen") bietet eine ernsthafte Strategie für eine Frauenbefreiung. Lady Bitch Ray sagt, dass sie die "noch immer als Opfer erzogenen Frauen aus der Tyrannei des Patriarchats ins gelobte Land der vaginalen Selbstbestimmung führen" will und behauptet von sich, dass sie eine ziemliche "Emanzen-Ader" hatte.
Aber so richtig Gewicht hat das alles nicht: "Emanzen-Ader", "Feminismus muss
sexy sein" .. Wo bleibt hier eine kritische Gesellschaftsanalyse? Die soziale Frage wird
auch komplett ausgeblendet.
Unterdriickung von Frauen findet nicht nur sexuell statt, sondern auch auf dem
Kontoauszug: Frauen sind oft von Männern abhängig, weil sie weniger Geld verdienen.
Die Alphamädchen aber hangeln sich lieber von einem schlecht bezahlten kreativen
Projekt zum nächsten, anstatt für anständige Tariflohne und gleiche Bezahlung zu
streiten.
Die Ausblendung der wirtschaftlichen Unterschiede im .neuen Feminismus"
produziert am Ende Probleme. Dureh die aggressive Übernahme von sexistischen
Klischees kommt es beispielsweise nicht automatisch zur Befreiung, sondern kann
auch zu einer Verstärkung von sexistischen Stereotypen führen.
Heute ist frau dann eine Feministin, wenn sie eine starke Individualistin ist. Jede
ist für sich selbst verantwortlich, es gibt keinen Bedarf an einem Zusammenhalt der
Gesellschaft.
Unsere Alphamiidchen kämpfen individuell und ihr Feminismus ist lediglich eine Fassade.
Dieser neue Feminismus passt also gut in unser gesellschaftliches Konzept, er geht
Hand in Hand mit dem Neoliberalismus. *
Friederike Benda ist aktiv in Die Linke.SDS
Potsdam
Text übernommen aus "critica - Semesterzeitung von Die Linke.SDS"