Am 20.3. auf nach Essen!

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»Dieser Protest kann nur ein Auftakt sein«

In drei Wochen will ein breites Bündnis in Essen gegen den Sozialabbau demonstrieren. Ein Gespräch mit Martin Behrsing

Interview: Gitta Düperthal



Martin Behrsing vom Erwerbslosenforum Deutschland ist einer der Sprecher des Bündnisses zur Demo-Vorbereitung »Wir zahlen nicht für eure Krise! Zwingen wir die Profiteure zur Kasse«
Ein breites Bündnis ruft unter dem Motto »Wir zahlen nicht für eure Krise« dazu auf, am 20. März in Essen gegen den Sozialabbau zu demonstrieren. Wer gehört zu diesem Bündnis, und was wird konkret gefordert?


Dabei sind Erwerbsloseninitiativen, ATTAC-Gruppen, die Linkspartei Nordrhein-Westfalen (NRW), Gewerkschaftsgruppen und viele andere Initiativen.

Angesichts der Sparmaßnahmen im Sozial- und Kulturbereich ist ganz klar: Wir, die Hartz-IV-Bezieher und Geringverdiener, sollen die Zeche zahlen. Die Kommunen sind bald finanziell völlig ausgedörrt und werden ihre Probleme weiter auf uns abwälzen. Freizeitangebote und andere öffentliche Errungenschaften, die uns bisher zugute kamen, werden zusammengestrichen. In den vergangenen Jahren hat die Bundesregierung Unternehmenssteuern gesenkt und Massensteuern erhöht. Höhepunkt der Ausgrenzungspolitik nach unten waren weiterhin die milliardenschweren Pakete für die Banken.

Die Rente mit 67 und die geplante Einführung der Kopfpauschale in der Krankenversicherung setzen die Angriffe gegen uns fort. Erwerbslose, prekär Beschäftigte und Familien trifft es zuerst. Mittels Leiharbeit, Hartz IV und Studiengebühren sollen wir für die Krise zahlen. Unser Sozialprotest kann nur ein Auftakt für 2010 sein.

Am 9. Mai wird in NRW ein neuer Landtag gewählt. Wurde die Protestdemo auch mit Blick auf diesen Termin festgesetzt?


Das spielt sicherlich eine Rolle. Viele von uns Erwerbslosen wollen, daß die Linkspartei in den Landtag in NRW einzieht – weil die schwarz-gelbe Regierung uns nicht helfen will. So sehr wir uns allerdings freuen, daß die Linkspartei mit aufruft – wir wollen das keinesfalls so verstanden wissen, daß wir stellvertretend Wahlkampf führen. Wir kämpfen unabhängig für unsere Interessen und wollen uns nicht vereinnahmen lassen. Die Wähler sollten sich jedoch genau anschauen, was die einzelnen Parteien in ihrem Wahlprogramm angeben.

Es gibt doch so viele Betroffene – warum eigentlich ist es so schwierig, für Demos gegen das Hartz-IV-System zu mobilisieren?


Erwerbslose sind eine breit gefächerte Gruppe mit sehr unterschiedlichen Interessen und Einstellungen, viele von ihnen sind resigniert. Engagement scheitert oft auch daran, daß die Leute einfach kein Geld mehr haben. Aber nach der Hetzkampagne von Westerwelle, Koch, Kauder & Co. gegen Hartz-IV-Bezieher müssen wir uns keine Sorgen mehr machen: Das ist ein erheblicher Mobilisierungseffekt. Diese Leute heizen die Stimmung auf. Viele, die sonst gar nicht unbedingt ans Demonstrieren denken würden, sind mittlerweile stinksauer.

Auch die Medien haben daran ihren Anteil – nicht nur die Springerspresse. Zum Beispiel bieten ARD, RTL oder Sat.1 immer wieder klischeereife Darstellungen von Hartz-IV-Empfängern: Am heutigen Dienstag wird in der Sendung »Menschen bei Maischberger« wieder jener Erwerbslose auftreten, der sich brüstet, seit 30 Jahren keinen Job zu suchen und behauptet, man könne wunderbar vom Regelsatz leben.

Wie sieht die logistische Unterstützung durch die Gewerkschaften aus? Werden sie Busse stellen oder die Öffentlichkeitsarbeit übernehmen?


Da ver.di-NRW mitmacht, werden sicher auch Busse gestellt. Innerhalb des Ruhrgebiets ist der Demonstrationsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Wir suchen aber auch noch überregionale Unterstützung, da wäre es hilfreich, wenn auch die anderen Gewerkschaften hinzukämen. Aber die konzentrieren sich wohl eher auf ihre traditionelle Zielgruppe, die Arbeitnehmer.

Bleibt die Vorbereitung an den Aktivisten der Erwerbsloseninitiativen hängen?


Die Zusammenarbeit ist immer nur partiell. Was wir als soziale Bewegungen fordern, unterscheidet sich ja auch fundamental von Gewerkschaftspositionen. Wir wollen einen Mindestlohn von zehn Euro, sie liegen immer noch bei 7,50 Euro.

An wen können sich Erwerbsloseninitiativen und andere Aktive vor Ort wenden, wenn sie für die Teilnahme an der Demo werben wollen?


Plakate und Flugblätter können unter www.krisendemo-nrw.de bestellt werden. Über Spenden freuen wir uns natürlich auch – denn das alles muß ja finanziert werden.

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