Die Driebe-Schule. Theoretische Debatte über die Epoche, in der wir leben (3)

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Vielleicht ist es einfach zu „hinterhältig“ formuliert. Bei dem ganzen Satz ist der Kern der Plan, der existiert. So viele winken gleich ab, von wegen „Planwirtschaft“, ja DIE hatten wir. Aber genau die, im Sinne des ganzen Satzes hatten wir eben nicht… und konnten wir auch nicht haben. Der Witz seinerzeit hatte seine Berechtigung: Zwischen dem Plan der Olsenbande und dem der DDR gab es grundsätzliche Gemeinsamkeiten. Die wichtigste war einfach, dass sich eine Gruppe von Leuten zusammenfand, um Mathematisches aufzuschreiben, was, so umgesetzt, eine positive Entwicklung der „sozialistischen“ Wirtschaften bewirkt hätte.

Wer ehrlich ist, stimmt zu, dass der Anteil der „eigentümernden“ Menschen des Volkes in dirigiertem Zustimmungsgesang bestand und zu bestehen hatte, wir erfüllen den Plan nicht nur, wir erfüllen ihn über … es fragte sich nur welchen. Inzwischen war die erste Planvision bereits am Zusammenstoß mit der Wirklichkeit geplatzt.

Es fehlte schlichtweg ein praktikables Werkzeug, um sozialistische Wirtschaftsdemokratie zu erreichen oder – was ein anderer Ausdruck für dieselbe Sache wäre – die reale Eigentümereigenschaft der Arbeiter und der mit ihnen verbundenen anderen Werktätigen zu verwirklichen. Hier ist kein kleinkommunenartiges Genossenschaftssystem gemeint, das als Ganzes einem anonymen Markt ausgeliefert bleibt. Hier bin ich wieder bei den Möglichkeiten der einzelnen Werktätigen, die Wirkungen eines Eingriffs in den Gesamtwirtschaftsmechanismus zu erfassen. Inwieweit diese Möglichkeiten wirklich genutzt werden, ist eine Frage der Entwicklung, des Reifens der sozialistischen Gesellschaftsordnung. Aber es war gar keine Möglichkeit da. Real löste ein fremder Eigentümer den anderen ab, wobei der andere für sich in Anspruch nahm, die Eigentümereigenschaft „des Volkes“ in dessen Sinn auszuüben – „Staatseigentum“ eben.

Die technischen Voraussetzungen, also jener Entwicklungsstand der Produktivkräfte, der ein überlegen wirkendes sozialistisches Ordnungsprinzip überhaupt erst zur Geltung bringen kann, existiert erst etwa seit der Jahrtausendwende! (Insofern ist besonders bewunderungswürdig, was in den Ländern TROTZDEM erreicht worden war.) Heutzutage wären Schwindel erregende Möglichkeiten technisch vorstellbar: Ein Arbeiter eines Betriebes loggt sich in das in ein volkswirtschaftliches Planungssystem eingebettetes betriebliches System ein und „spielt Lösungen durch“, um fundierte Änderungsvorschläge zu machen. Im Kapitalismus sowohl Grauen als auch Unmöglichkeit, könnte dies eine enorme Potenzierung von Leistungen bewirken, wenn denn die Eigentumsverhältnisse entsprechend gestaltet wären.

Der „Rest“ ist wiederum eine Frage des Entwicklungsrahmens: Was „sozialistisch-kommunistische Ethik“ in jedem Einzelfall wäre, wird sich u. U. erst im Laufe der Zeit entscheiden. Aber sicher ist eines: Sie wird sich erst durchsetzen, wenn ihr der dauernde primitivierende egozentrische Logik kapitalistischer Verhältnisse nicht mehr organisiert im Wege steht. Auch in den „realsozialistischen“ Staaten hat eine eigene Ethik nur soweit in Keimzellen existiert wie sie sich auch im Kapitalismus als Widerstandsethik (z.B. Konsumverweigerungen, Umweltschutzaktivitäten ohne Individualnutzen usw.) immer neu reproduziert wird, glücklicherweise. Eine grundsätzlich notwendige neue Qualität konnte sich nie durchsetzen.

In 5000 Jahren mag man über solche Kleinigkeiten lächeln.  Klar, wird man sagen, das waren alles Schritte zum Sozialismus und die Menschen „damals“ haben oft nicht gemerkt, in welchen Kleinigkeiten ihre Revolution verlief. Aber es war eine und was ist eine „Grenzlinie“ von alter zu neuer Zeit von 200 Jahren?

Veröffentlicht in unsere Epoche

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