Adolf ... äh... Jürgen Elsässer????

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Querfront: Jürgen Elsässer gründet "Volksinitiative gegen das Finanzkapital"




 

Ziel ist eine Volksfront-Bewegung, die der Partei DIE LINKE als Katalysator dienen soll. NPD sieht sich in ihrer Programmatik bestätigt.

Von Edith Bartelmus-Scholich

Samstag, 10.1.09 abends in Berlin Kreuzberg. Ca. 120 Leute drängen sich im Hinterzimmer der Gaststätte Max & Moritz. Unter ihnen befinden sich mindestens 10 -12 Nazis, auch bekannte Gesichter. Es wird kein Hausverbot gegen Sie verhängt.

Die Anwesenden sind auf Einladung des Journalisten Jürgen Elsässer gekommen um mit ihm gemeinsam eine Bewegung, die "Volksinitiative gegen das Finanzkapital" ins Leben zu rufen. Elsässer schreibt regelmäßig für die linksparteieigene Tageszeitung Neues Deutschland und laut ND zudem Mitarbeiter der Linksfraktion für den BND-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestags. Er soll zudem im Ideenaustausch mit Oskar Lafontaine stehen.

Neben Elsässer sind im Podium der Veranstaltung der Militärhistoriker Dr. Peter Feist, ein Neffe von Erich Honnecker sowie ein ehemaliger Zeitsoldat der Bundeswehr, der nach Gründung der WASG zur Politik gefunden hatte. Elsässer ist der unbestrittene Star des Abends. Ca. 80 der Anwesenden hängen an seinen Lippen. Er trägt folgende fünf Thesen aus seinem 2007 erschienen Buch "Angriff der Heuschrecken - Zerstörung der Nationen und globaler Krieg" vor:

1. Die Krisenanalyse der meisten Linken ist falsch, da sie das imperialistische Moment sträflich unterschätzt: Die aktuell einsetzende Depression ist Ergebnis eines bewussten Angriffs des anglo-amerikanischen Finanzkapitals auf den Rest der Welt. Dabei kommen "finanzielle Massenvernichtungswaffen" (Warren Buffet) zum Einsatz, die nicht aus Ausbeutung der Arbeitskraft ("Überakkumulation"), sondern aus "fiktivem Kapital" (Kapital, Dritter Band) munitioniert sind. Was wir bisher erlebt haben, waren erste Geplänkel mit diesen Waffen - der Hauptstoß steht noch bevor!
2.  Bei der Abwehr dieses Angriffs spielt der Nationalstaat die entscheidende Rolle. Supranationale Koordinationen in Gremien, in denen die aggressiven Staaten und ihre Vertreter eine Rolle spielen (EU, G8, IWF usw.), sind für die Katz. Wichtig ist eine Koordination der angegriffenen Nationalstaaten.
3. In allen Staaten, auch in Deutschland, entwickelt sich ein zunehmender Widerspruch zwischen dem Industrie- und dem Bankkapital. Letzteres, eng mit den angloamerikanischen Angreifern verbunden, erdrosselt ersteres in einer Kreditklemme.
4. Hauptaufgabe der Linken ist der Aufbau einer Volksfront, die nicht nur den Mittelstand sondern auch das national bzw. "alt-europäisch" orientierte Industriekapital einschließt. Diese Volksfront soll als Bewegung ideologische Scheuklappen ablegen.  Die Reduktion auf Klassenkampf ist sektiererischer Unsinn.
5. Hauptaufgabe der Volksfront ist die entschädigungslose Nationalisierung des Finanzsektors und die Abdrängung der anglo-amerikanischen Finanzaristokratie aus Europa, in der Perspektive ein eurasisches Bündnis. Ziel ist die Schaffung einer "eurasichen Wohlstandszone".  Den Sozialismus, also den Stoß gegen das System insgesamt, zur Hauptaufgabe zu erklären, ist linksradikale Kraftmeierei bzw. "imperialistischer Ökonomismus" (Lenin).
Elsässer führt wörtlich aus: ""Die moderne deutsche Autoindustrie etwa hat es nicht verdient, durch US-Heuschrecken ruiniert zu werden". Er rät den deutschen Arbeitern zu Betriebsbesetzungen zusammen mit den ebenfalls gefährdeten Unternehmern. Die Bundesregierung soll Opel dem GM-Konzern entziehen.  Die "Volksfront-Bewegung" will "raus dem linken Getto" und erteilt einer ökologischen Politik eine Absage. Konkret schlägt Elsässer mehr Kohlekraftwerke vor.  Außerdem wirft er dem linken Spektrum vor in der Sprache der "Political Correctness" ("eine ,Neusprech'-Erfindung von US-,Thinktanks' ") erstarrt zu sein.

Um zu einem "richtigen Wir" zu werden, veranstaltet Elsässers Initiative in Kürze einen "auf keinen Fall marxistischen Kongress" zum Start einer  "Volksfrontbewegung". Diese soll keine Konkurrenz zu den Parteien, schon gar nicht der Linkspartei sein, sondern ihr "Katalysator". Dabei soll die NPD außen vor bleiben, aber, so Peter Feist: "Die Nation lassen wir uns nicht nehmen."
Aus dem Nazi-Lager wird die Initiative mit Beifall bedacht. Zustimmung nicht nur von den im Saal befindlichen Nazis, sondern auch von der NPD und der "Jungen Freiheit" sowie der "Deutschen Stimme".  Der NPD-Vorsitzende im sächsischen Landtag, Holger Apfel weist triumphierend darauf hin, dass Elsässer sich auf der Basis des NPD-Programm befindet. Er schreibt: "Der Gründungsaufruf von Jürgen Elsässer für eine Volksinitiative gegen Finanzkapital ist ein bemerkenswertes Signal. Jürgen Elsässer betätigt sich als Eisbrecher, der auf nationaler Grundlage den Dualismus von Rechts und Links durch die Schaffung einer antiglobalistischen und antiimperialistischen Gerechtigkeitsbewegung überwinden will. Mit den Forderungen, die er in seinem Gründungsaufruf vertritt, hat er sich NPD-Positionen nicht angenähert, nein, er vertritt NPD-Positionen.

Elsässer braucht sich freilich nicht mehr die Mühe machen, seine Positionen noch ausführlich auszuformulieren. Seine Position findet sich schon in der mehr als 130 Seiten umfassenden Folge 13 der vom NPD-Parteivorstand herausgegebenen Schriftenreihe ‚Profil?, die unter dem Titel ‚Raumorientierte Volkswirtschaft statt Basar-Ökonomie? bereits im Jahr 2006 erschienen ist.

Elsässer vertritt nun das, was die Nationaldemokraten seit nunmehr mehr als einem Jahrzehnt predigen: Die einzigen handlungsfähigen Subjekte im Kampf gegen Globalisierung und die totale Macht des Finanzkapitals sind die Völker und Nationen! Auch Elsässers realpolitischer Ansatz, zuerst die Restsouveränität der Nationalstaaten zu stärken, wird so nur von der NPD vertreten. Beispielsweise war die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag die einzige in einem Bundes- oder Länderparlament vertretene Fraktion, die eine Sachverständigenanhörung zur drohenden Einführung einer EU-Verfassung beantragte und hierfür den bekannten Staatsrechtler Professor Karl Albrecht Schachtschneider gewinnen konnte. Auch dies beweist, daß Elsässers souveränistischer Ansatz innerhalb des deutschen Parteienspektrums nur und ausschließlich von der NPD vertreten wird.
Ich wünsche Jürgen Elsässer für die Gründung seiner ‚Volksinitiative gegen Finanzkapital? viel Glück! Er kann sich der konstruktiven Begleitung seines Projekts durch die NPD sicher sein."

Dieser Feststellung kann nicht widersprochen werden. Elsässer reproduziert mit der Unterscheidung von "räuberischem Finanzkapital" und "produktivem Kapital" exakt die Fiktion vom Gegensatz zwischen "raffendem und schaffendem Kapital" und seine Volksfront beruht auf der Fiktion einer Volksgemeinschaft, in der Ausgebeutete und Ausbeuter gleiche Interessen haben sollen. Strategisch propagandiert er zugleich die Querfront.

Jürgen Elsässer ist mit dieser Gründung weit über das hinaus gegangen, was einem Querdenker, der provozierende Bücher schreibt vielleicht noch nachgesehen werden kann. Für Linke ist es nun nicht mehr angesagt, mit ihm zu diskutieren, sondern ihn zu isolieren. Mit Spannung darf erwartet werden, wie lange er seine Volksfront-Ideen noch als Mitarbeiter der Linksfraktion und des Neuen Deutschland verbreiten darf.

Edith Bartelmus-Scholich, 12.1.09

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