Verstaatlichung oder Vergesellschaftung

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Jetzt schreibe ich auch einmal einen Beitrag zu einem Artikel (heutige ("junge Welt"), den ich (noch) gar nicht gelesen habe. Zum einen sagt auch Rainer Roth einiges dazu, zum anderen sagen natürlich die meisten Linken auch nicht das Ganze.
Bei dieser Überschrift stoßen wir auch auf eine historische Grenze des Marxismus: Solange Marx lebte und wärend der längsten Zeit theoretischer Arbeit Lenins war der Grundgedanke der marxistischen Gesamtkonzeption der im Wesentlichen weltweite Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus / Kommunismus, wenigstens in einem das Weltgeschehen dominierenden Umfang.  Somit wäre von Anfang an die Rolle des sozialistischen Staates eine sich suzessive selbst überflüssig machende. Dies muss man zum Verständnis de praktisch anders vollzogenen Beziehunhgen im "realen" untergegangenen "Sozialismus".
Verstaatlichungn und Vergesellschaftung sind Begriffe, die die Form eines Vorgangs bezeichnen ("Verstaatlichung") und die das Wesen desselben Vorgangs bezeichnen können ("Vergesellschaftung").
Bei der Frage des "Wesens" stolpert man sofort über die Frage "Gesellschaft" - was ja der Kern von "Vergesellschaftung" wäre --- was ist das? Schwer fassbar "alle, die dazu gehören"? Teils teils. Die "Gesellschaft" wird bestimmt, durch den realen Anteil an der Gesamt-Macht. Diese wiederum durch die Produktionsverhältnisse mit deren praktischen Kern: die Eigentumsverhältnisse. In diesem Sinne wirkt "der Staat" als Erfüllungsgehilfe der sonstigen Besitzer. Sind dies also Kapitalisten, so wirkt der "Staat" als ökonomisch Handelnder als "realer Gesamtkapitalist". Die einzelnen Kapitalisten sind ihrer Marktaufgabe nicht mehr gewachsen und übergeben sie ihrer Klasse als Ganzes.

Wer dagegen wettert, dem sei entgegengehalten, dass dies immer noch besse wäre, als allein die Verluste der Einzelkapitalisten zu "vergesellschaften" - allerdings wird auch ein ideeller Gesamtkapitalist "Staat" dies anstreben - dazu ist er eben ein kapitalistischer.
Außerdem spricht für "Verstaatlichungen" z. B. des Bankwesens, dass ein anzustrebendes sozialistisch orientiertes Staatswesen der dann schon vorhandenen Form "nur noch" den richtigen, vernünftigen Inhalt zu geben braucht.

Drastischer wird das Problem sichtbar, wenn man zu meinem Anfang zurück kommt, also den Verstaatlichungen während der gesamten (!) Übergangsepoche vom Kapitalismus zum Sozialismus / Kommunismus.
Hier ist von Anfang an zwar die prinzipielle Zielrichtung gegeben, Staatseigentum in gesamtgesellschaftlichem Nutzen zu verwenden, aber auch dieser "sozialistische" Staat bleibt zu unterschiedlich hohen Teilen "Staatskapitalist". Zum einen nach innen: Dort ist es ein schwieriger Weg, vom formalen Akt der nominalen Schaffung "gesellschaftlichen Eigentums" zum realen, Massen bestimmenden "Eigentümerbewusstsein" zu kommen. Erst dann ist wirklich eine neue Eigentumsform erreicht.

Zum anderen nach außen: Den "Sozialistischen Bruderländern" gegenüber traten die "Staatsvertreter" eher wie Einzelkapitalisten auf, sobald ihre Einzelinteressen berührt waren denn als "sozialistische Gesellschaft". Dies wirkt umso stärker, je mehr es eine Gesamteinbindung in einen kapitalistischen Weltmarkt gibt.
  

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