Winfried Wolf erklärt griechische Zusammenhänge ...

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Griechische Schulden, deutsche Panzer, Euro-Diktat & eine Fakelaki-Ökonomie made by Siemens

von Winfried Wolf
Im Januar tönte Außenminister Guido Westerwelle im Interview mit der griechischen Zeitung Kathimerini: "Wir vertrauen voll und ganz darauf, dass die griechische Regierung die strukturellen Schwächen der griechischen Wirtschaft energisch angeht.″
Als im Februar der stellvertretende griechische Ministerpräsident Theodoros Pangalos auf die Nazi-Verbrechen in Griechenland während des Zweiten Weltkriegs und die immer noch ausstehenden deutschen Reparationszahlungen verwies, gab es eine scharfe Replik aus dem Kanzleramt in Berlin. Die griechische Krise und deutsche Reparationen hätten ″überhaupt nichts miteinander zu tun″.
Kurz darauf schlagzeilte das Magazin ″Focus″ mit ″Griechenland – Betrüger in der Euro-Familie – bringt uns Griechenland um unser Geld?″ Die Titelseite des Magazins zierte eine Fotomontage, das die griechische Statue der Venus von Milo zeigt, wie sie dem Betrachter einen gestreckten Mittelfinger entgegenhält.
Im April schließlich porträtierte der „Spiegel“ die angeblich typische Athener Familie von Antula und Jannis Papadakis, die sich völlig an die griechische „Fakelaki-Ökonomie“ - die Schmiergeld-Wirtschaft - gewöhnt, aber auch ein Einsehen habe, dass es ″so nicht weitergeht″. Die Reportage ordnete sich nahtlos ein in die allgemeine Kampagne der Bundesregierung, die Kanzlerin Angela Merkel immer wieder mit dem Satz auf den Punkt brachte: ″Griechenland muss jetzt seine Hausaufgaben machen!″
Vier Monate, vier Themen, vier Erkenntnisse: Griechenland steht erstens für Strukturschwächen. Es gibt zweitens keinerlei deutsche Schulden gegenüber Griechenland und schon gar nicht darf das Thema Reparationen im Zusammenhang mit der aktuellen Krise in Griechenland erwähnt werden. Der tatsächlich Angeklagte ist vielmehr - drittens – der Staat Griechenland, der „unsere“ Einheitswährung gefährdet. Das Land muss daher viertens nochmals die Schulbank drücken und hat dabei vor allem zu einer rechtschaffenen, ehrlichen Wirtschaftsweise zu finden.
In vielerlei Hinsicht werden damit die Realitäten auf den Kopf gestellt. In Wirklichkeit sind die Strukturschwächen Griechenlands in erheblichem Umfang ein Produkt der von den europäischen Großmächten bestimmten Geschichte – wozu auch die durch die deutsche Wehrmacht und durch die SS begangenen Kriegszerstörungen und die nie erfolgten Reparationsleistungen zählen. Die aktuelle griechische Krise mag den Euro gefährden – doch es ist vor allem die Einheitswährung selbst, die die Krise in Griechenland mit herbeiführte. Der aktuelle EU-Plan zur Bereinigung der griechischen Krise zielt vor allem darauf, dass Griechenland – mit deutlich überteuerten EU-Krediten – zunächst einmal zahlungsfähig bleibt – um u.a. die deutschen Exportgüter und die deutschen und französischen Rüstungsgüter weiter abnehmen und bezahlen zu können.
Schließlich handelt es sich bei der Schmiergeld-Wirtschaft keinesfalls primär um eine griechische Eigenart. Vielmehr ist diese ein seit mehr als einem Jahrhundert erfolgreicher Exportartikel der führenden europäischen Länder und ihrer Banken und Konzerne nach Griechenland. Optimal verkörpert wird die Fakelaki-Ökonomie durch den deutschen Siemens-Konzern.
Strukturschwächen
Ohne Zweifel hat Griechenland Strukturschwächen – so wie jedes einzelne der diffamierend als PIGS genannten Ländergruppe mit Portugal, Italien, Griechenland und Spanien Strukturschwächen hat. Doch es gibt – wie im Fall der strukturellen Schwäche der neuen deutschen Bundesländer - nachvollziehbare Ursachen für diese Strukturschwächen. Diese sind zu einem Teil hausgemacht und zu einem Teil durch äußere Faktoren bedingt. Die Strukturschwächen der genannten zwei iberischen Länder haben mit dem dort ein halbes Jahrhundert vorherrschenden – von den westlichen Demokratien und von der Nato unterstützten - Faschismus (im Fall Portugals ergänzt um die bis 1973 anhaltende koloniale Geschichte) zu tun. In Italien spielen das historisch bedingte innere Ungleichgewicht zwischen Norden und Süden und die korrumpierenden Mafia-Strukturen im Mezzogiorno und auf Sizilien eine erhebliche Rolle. Allen südlichen EU-Staaten gemeinsam ist eine Strukturschwäche, die aus dem EU-Binnenmarkt im allgemeinen und aus der Einführung des Euro resultiert: Seit Ende der 1950er Jahre bildete sich in Westeuropa mit EWG/EG/EU


…… weiterlesen: http://lunapark21.net/archiv/archiv_wirtschaft.html#Staatsbankrott

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