Sperrt alle ein, die zu Anschlägen aufrufen könnten! Nur ein einzelner Ausrutscher?
Militärführer hetzt
Bundeswehradmiral wirft Abgeordneten der Linksfraktion im Bundestag vor, zu Anschlägen aufzurufen
Von Frank Brendle (jW vom 23.9.)Die Anfrage löste im Ministerium Aufregung aus: Der Chef im Führungsstab der Streitkräfte, Konteradmiral Manfred Nielson, forderte eine schriftliche Zusicherung unter anderem der Rechtsabteilung, »daß die Veröffentlichung von Namen nicht gegen die Persönlichkeitsrechte und Datenschutzbestimmungen verstößt«. Die eigentliche Begründung folgt: »Es ist davon auszugehen, daß Die Linke die Unterlagen ins Internet stellt (und zu Anschlägen aufruft).« Der Führungsstab ist zuständig für die militärische Gesamtplanung, Nielson speziell für Personalangelegenheiten.
Der anonyme Zusender dieser Nachricht fügte in einer Notiz an Jelpke hinzu: »Wie immer man zu Ihrer Partei und Fraktion steht, so geht es doch eindeutig zu weit, der Fraktion Die Linke zu unterstellen, sie werde zu Anschlägen aufrufen. Daß ein Soldat an führender Stelle diesen Unsinn offen im Ministerium verbreitet, zeigt, daß er dumm und zudem nicht geeignet ist, Führungspositionen zu bekleiden. Außerdem verstößt er gegen die Pflicht zur parteipolitischen Neutralität im Dienst.«
Jelpkes Büro hat am Dienstag Kontakt mit Nielson aufgenommen. Dieser habe sich damit gerechtfertigt, die Linksfraktion habe schon in der Vergangenheit zu »Anschlägen« aufgerufen, teilte Jelpke mit. Der Admiral habe zugesagt, Belege für diese Behauptung zu erbringen – bis Redaktionsschluß habe sie jedoch nichts erhalten, so die Abgeordnete. Kein Wunder: »Der Admiral hat wohl zuviel Junge Freiheit gelesen und nimmt deren Propaganda für bare Münze«, mutmaßte Jelpke in einer Presseerklärung. Offenbar grassiere in Führungspositionen der Bundeswehr die reine Paranoia. Die Politikerin wies darauf hin, daß gerade hohe Offiziere im Dienst parteipolitisch neutral sein müssen. »Offiziere, die in kritischen Fragen gewählter Abgeordneter Anschlagsvorbereitungen sehen, gehören nicht auf solch hohe Posten.« Es sei leider nicht das erste Mal, daß demokratische Positionen von rechten Offizieren als »feindlich« gewertet würden. Der Vorgang stelle erneut klar, gegen wen die Bundeswehr bei Inlandseinsätzen in Marsch gesetzt würde.