Eine Spekulation mit China (3 Wirkungsweise)

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Ich muss hier betonen, dass ich nicht behaupten will, die gegenwärtige oder absehbare chinesische Führung habe die Absicht, auf solche Weise die "Weltrevolution einzuschalten". Ich behaupte nur, dass die Potenz, das zu tun, täglich wächst. Im Sinne einer kommunistischen Partei wäre es. Und der reale Schaden für die chinesische Wirtschaft wäre kleiner, als man dies auf den ersten Blick annehmen könnte: Die nominalen angesammelten Währungsreserven sind bereits auf eine Größe angewachsen, wo ihre wirtschaftliche Verwertung in dieser Größe ausgeschlossen ist. Es bleibt nur die Casino-Illusion: Weil das "Geld" in keine "Realwirtschaft" gepumpt wird, sondern in Sphären verbleibt, in denen es permanent nominal mehr wird, erhält sich der Schein phänomenaler Größe.
Vielleicht muss hier auf die Funktionsweise spekulativen Kapitals eingegangen werden.
Prinzipiell hat der Marxismus Recht, wenn jeder Vorgang auf materielle Grundlagen zurückgeführt werden kann. Die besondere Entdeckung an der Methode von Karl Marx ist aber, dass sich an einem bestimmten Punkt der Entwicklung die jeweils höhere Ebene eines ursprünglich einheitlichen Prozesses verselbständigt.
Nehmen wir als Beispiel den Aktienkurs einer Kapitalgesellschaft. Eigentlich verkörperte er deren nominalen Sachwert. Auf den müsste er sich zurückführen lassen. Er schloss von Anfang an den Gedanken ein, dass sich dieser Sachwert auch "verwerten" lässt. Da Kapitalismus kein Nullsummenspiel sein darf mit einem Plus. Für dieses Plus gab es natürlich nie einen vorgegebenen Zeitrahmen, also sozusagen eine echte Formel "Verkaufswert aller Sachwerte + Geschäftsgewinn im nächsten Kalenderjahr = Kurssumme aller umlaufenden Aktien". Aber dieser Zeitraum hätte sich zu Marxens Zeiten noch bestimmen lassen aus der durchschnittlichen Differenz aller Aktienkurse und der Gesamtsachwertsumme. Eine konkrete Aktie war also konkret auf ihren Sachwert bezogen über- unter- oder "richtig" bewertet.
Der Preisteil "Gewinnerwartung" verselbständigte sich jedoch allmählich. Weil ja alles Kapital nach Vermehrung lechst, verlängerte sich beständig unterschiedlich merklich der Zeitraum, innerhalb dessen sich das Sach-Kapital hätte verwerten sollen. Damit schwand aber auch der mögliche Realismus jeder Spekulation weiter. Der tatsächliche Aktienkurs hat real eigentlich nichts mehr mit dem Sachwert des Unternehmens zu tun einschließlich des potentiellen Gewinns dieses Unternehmens in den nächsten 100 Jahren - wobei die Handelnden Letzteres ja sowieso nicht verifizieren könnten.
So lange, wie alle Mitspieler diese Fiktion anerkennen, bleibt sie bestehen. Da es vom Handeln der Einzelnen unabhängige "ökonomische Gesetze", Marktgesetze, im Wirken sind, kann der einzelne Kapitalis auch nicht anders handeln. Er drängt anstatt dessen nach vorn: Er wirft sich auf Nominal-Vermehrungen seines Kapitals, die sich immer mehr von JEDER Sachwertgrundlage entfernen und verwandelt dabei die allgemeine Vermehrungserwartung aller in einen Wert an sich. Da sich dies zu einem immer größeren Teil in einer sich selbst genügenden Zone vollzieht bzw. der theoretisch offene Übergang zur "Realwirtschaft" schon allein ein eher eine Bewegung in die nominal höhere Verwertungszone Spekulation als umgekehrt ist, entstehen platzende Blasen nur dort, wo ein Rückfluss notwendig ist.
Dies alles ändert aber nichts daran, dass rein theoretisch die Summe aller Preise gleich der Summe aller Werte sein müsste und der Verkaufselös einer Potenzpille im Jahre 2100 heute kein "Wert" sein kann. Wäre also ein Kapitalist stark genug, einen Sog heraus aus der Fiktion in die Realwirtschaft auszulösen - und de chinesische Staat nähert sich zumindest dieser Position - dann würde schlagartig das Wertgesetz für alle realen Werte anzuwenden sein, was zu einer extremen Umbewertung führte. Diese Umbewertung käme dem ökonomischen Zusammenbruch des kapitalistischen Systems gleich, weshalb es kein "Superkapitalist" tun würde sondern nur ein Akteur, der den Zusammenbruch bewusst herbeiführen möchte...

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